Das bearbeitete Gebiet

Die Vegetation

Höhenstufen

Im Zusammenhang mit der Flora der Schweiz hat sich das Konzept der Höhenstufen bewährt (trotz gleicher Begriffe nicht gleich wie das deutsche Konzept). Die Gliederung in Höhenstufen beruht auf der Veränderung der Vegetation mit der Höhenlage (Hess et al. 1976). Die Übergänge liegen in Südlagen in der Regel höher als in Nordlagen. Die unterste, die kolline Stufe, reicht bis ca. 600 m im Norden und 900 m im Süden. Von hier bis ca. 1’200 oder 1’700 m erstreckt sich die montane Stufe. Die obere Grenze der oben anschliessenden subalpinen Stufe liegt im Jura bei den höchsten Erhebungen (ca. 1’600 m) und in den Zentralalpen zwischen 1’900 und 2’400 m. Sie entspricht der klimatischen Waldgrenze. Darüber befindet sich die alpine Stufe. In ihrem oberen Bereich bleibt, den lokalen Verhältnissen und dem Verlauf der Witterung im betreffenden Jahr entsprechend, Schnee ganzjährig liegen.

Vegetationsprofil NNW—SSE durch die Schweiz von Basel nach Chiasso (zweimal gebrochen und ca. zehnfach überhöht).
Braun = kolline Stufe; hellgrün = montane Stufe; dunkelgrün subalpine Stufe; gelb = untere alpine Stufe; weiss = alpine Stufe über der Schneegrenze; die wichtigsten Waldbäume: Ah = Ahorn (Acer), Ar = Arve (Pinus cembra), Bu = Buche (Fagus sylvatica), Fi = Fichte (Picea abies), Fö = Föhren (Pinus sp.), Ha = Hainbuche (Carpinus betulus), Ho = Hopfenbuche (Ostrya carpinifolia),
Ka = Kastanie (Castanea sativa), Lä = Lärche (Larix decidua), Li = Linde (Tilia).

Vegetationstypen

Natürliche Vegetation gibt es nur an wenig zugänglichen Stellen. Land- und Forstwirtschaft oder Bautätigkeit haben die Landschaft verändert (Ellenberg 1996). Nur wenig abgewandelt sind naturnahe Wälder; grundlegend umgestaltet ist das Ackerland. Den grössten Anteil an der vom Menschen stark veränderten Vegetation haben Wiesen und Weiden. Die Beweidung der Gebirgsrasen hat die natürliche Waldgrenze um mehrere hundert Meter nach unten verschoben. Mähwiesen der tieferen Lagen sind oft sehr moosarm. Heute bedeckt Wald ca. 30% der Schweiz. Dies ist mehr als vor einigen Jahrzehnten, aber weniger als die Hälfte der ursprünglichen Waldfläche.

Der bisherige Stand des Wissens wird durch die jüngste Vegetationskarte der Schweiz von Hegg et al. (1993) vermittelt. Da eine Darstellung aller Pflanzengesellschaften der ganzen Schweiz in einer Übersichtskarte gar nicht möglich ist, werden sie zu "Vegetations-Landschaften" (VL) zusammengefasst. Dabei handelt es sich um "Landschaftsausschnitte, mit einem mehr oder weniger homogenen Inventar in Bezug auf Topographie, Geologie, Klima, Böden und Vegetation". Neun solche Einheiten werden unterschieden. Nur von den flächenmässig bedeutenden seien hier ihre wichtigsten Untereinheiten erwähnt.

  1. VL der Auen, zerstreut in den breiteren Ebenen der Flusstäler.
  2. VL der Eichen-Hainbuchen-Wälder (Quercus und Carpinus betulus) am Lac Léman (Genfersee) und im Süd-Tessin.
  3. VL der Braunerde-Buchenwälder: Der flächenmässig wichtigste Waldtyp darin ist der Waldmeister-Buchenwald. Zu dieser Landschaft gehört der grösste Teil des Mittellandes. Die Buche (Fagus sylvatica), als herrschender Waldbaum, trägt häufig epiphytische Moose, lässt aber wegen ihres langsam abgebauten Laubes fast keine Bodenmoose zu. Im höheren Mittelland gibt es auch Tannenwälder (Abies alba). Die Fruchtbarkeit der Braun-erde-Böden hat dazu geführt, dass heute landwirtschaftliche Kulturen und Wiesen dominieren.
  4. VL der Kalk-Buchenwälder: Es handelt sich um die Landschaft mit der grössten Vielfalt an Pflanzengemeinschaften höherer Ordnung. Sie ist vor allem im Jura, aber auch in den Nordalpen-Tälern gut vertreten. Auch hier ist die Buche der häufigste Waldbaum, doch gibt es auch Laubmischwälder mit anderen Bäumen und sogar Nadelwälder. Hier begegnet man einer reichen Moosflora. Die vom Menschen geprägten Gesellschaften sind, neben landwirtschaftlichen Kulturen, Weiden und verschiedene Typen von Mähwiesen.
  5. Die VL der Föhrenwälder (Pinus) findet sich in den Zentralalpen, in der Engiadina Bassa (Unterengadin) und im Val Müstair (Münstertal). Wärmeliebende Pflanzengemeinschaften und Trockenvegetation, z. B. Berberitzengebüsch (Berberis vulgaris), aber auch moosarme Steppenrasen sind, neben weniger trockenen Wiesen, charakteristisch.
  6. VL der Hopfenbuchen-Wälder (Ostrya carpinifolia) im südlichsten Tessin.
  7. VL der Kastanienwälder (Castanea sativa) im Tessin und in den Südtälern des Kantons Graubünden (Bünden).
  8. VL der subalpinen Nadelwälder: Diese nimmt in höheren Lagen viel Raum ein. Moosreicher Fichten- (Picea abies), aber auch Lärchenwald (Larix decidua) prägen diese Landschaft. Grünerlen-Gebüsch (Alnus viridis) und Zwergstrauchbestände sind ebenfalls charakteristisch, ebenso wie Blaugras- (Sesleria caerulea) und Rostseggen-Halden (Carex ferruginea) auf Kalk, sowie Borstgraswiesen (Nardus stricta) auf Silikat. Unter menschlichem Einfluss gibt es hier Glatthafer- (Arrhenatherum elatius) und Goldhafer-Wiesen (Trisetum flavescens).
  9. Alpine Rasen bilden die Vegetationslandschaft der alpinen Stufe. Verschiedene krautige Pflanzengesellschaften, die von Gräsern dominiert werden, finden sich neben Krumm-seggen- (Carex curvula) und Horstseggen-Rasen (C. sempervirens), Alpenazaleen-Heide (Loiseleuria procumbens) und Schneeboden-Vegetation. Für Moose sind aber hier die Fels- und Schuttfluren am wichtigsten, die keine geschlossene Vegetation tragen. Sie werden je nach lokalen Verhältnissen von Algen, Flechten oder Moosen dominiert.

Solche Standorte gibt es, flächenmässig meist weniger bedeutend, auch in den anderen Höhenstufen. Feucht- und Nass-Standorte können ebenfalls in allen Vegetations-Landschaften vertreten sein. In Fliessgewässern, Quellfluren und Mooren können Moose landschaftsbestimmend auftreten. Besonders in Hochmooren ist die Gattung Sphagnum (Torfmoose) mit einigen Arten und beträchtlicher Biomasse vertreten. Die genannten Laubwälder sind alle sommergrün, die Nadelwälder, mit Ausnahme des Lärchenwaldes, immergrün. Die Naturnähe der von einzelnen Baumarten dominierten Wälder wird neuerdings in Frage gestellt (Gobet et al. 2010).

Literatur

Ellenberg H. 1996. Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen, 5. Aufl. — Ulmer, Stuttgart. 989 S.
Gobet E., Vescovi E., Tinner W. 2010. Ein paläoökologischer Beitrag zum besseren Verständnis der natürlichen Vegetation der Schweiz. — Botanica Helvetica 120: 105-115.
Hegg O., Béguin C., Zoller H. 1993. Atlas schutzwürdiger Vegetationstypen der Schweiz. — Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL, Bern. 160 S. + 27 Karten.
Hess E., Landolt E., Hirzel R. 1976. Flora der Schweiz, 2. Aufl. Bd. 1. — Birkhäuser, Basel.
 
 
Autor: E. Urmi 1.2011