Geschichte der Bryologie in der Schweiz
Vor 1800 – Moose in der Schweiz
Erste Erwähnung – 1561

Erste Angaben über das Vorkommen von Moosen in der Schweiz gehen ins 16. Jahrhundert zurück. Conrad Gessner (1516-1565), Stadtarzt von Zürich und international renommierter Universalgelehrter, erwähnt in seinem De hortis Germaniae liber recens 1561 auch Beobachtungen von Moosen. Gessner plante zudem eine generelle Überarbeitung der Pflanzenwelt mit neuen systematischen Ansätzen, die Historia Plantarum. Die Arbeit blieb aber unvollendet, da er im Alter von 49 Jahren der Pest erlag. Das umfangreiche Manuskript mit zahlreichen detailgetreuen Illustrationen wurde von Joachim Camerarius d. J. (1534-1598) aus dem Nachlass gekauft und für die Abbildungen der Neuausgabe (ab 1586) des Kräuterbuches von Pietro Andrea Mattioli (1501-1577) verwendet. Erst 1751-1753 wurden "Conradi Gesneri Opera botanica" im Auftrag von Christoph Jacob Trew (1695-1769) von Casimir C. Schmiedel in 2 Bänden herausgegeben, die Abbildungen jedoch nur als kleine Kupferstiche. Im 20. Jahrhundert wurden die Originaltafeln in fünf Bänden als Faksimile-Ausgabe von Zoller und Steinmann (1987/1991) herausgegeben, dort sind auch zwei Zeichnungen von Moosen zu finden.

(1672-1733), Quelle: Wikipedia. Rechts: Draco Helveticus,
Quelle: Verein Bündner Kulturforschung
Moose in wissenschaftlichen Reiseberichten – 1708
Johann Jakob Scheuchzer (1672-1733) Arzt und universaler Naturforscher in Zürich hat sich speziell mit Astronomie, Versteinerungs- und Kristallkunde und Botanik beschäftigt. Seine Schweizer Karte von 1712 war ein Meilenstein und wurde 1765 nochmals aufgelegt. Bekannt sind auch Scheuchzers Darstellungen von Drachen, die in Widerspruch zu seiner präzisen, auf Beobachtungen basierenden Arbeit stehen, aber seine Stellung am Übergang zu einer modernen Wissenschaft zeigen. Er gilt als bedeutender Entdecker der Schönheit der Alpen und unternahm von 1702 bis 1710 mehrere Reisen zu ihrer Erforschung. Die publizierten Reiseberichte (1708, 1723) enthalten auch Beschreibungen von Moosen. Scheuchzer plante ein umfangreiches Werk über die Pflanzen der Schweiz, das er aber nicht mehr realisieren konnte.

„Eydgnössischer Lust-Garte“ (1715), Quelle: Burgerbibliothek Bern
Vom Kräuterbuch zur Flora – 1715
Johannes von Muralt (1645-1733) Anatom, Chirurg und Naturwissenschaftler in Zürich verfasste mit seinem Eydgnössischer Lust-Garte 1715 in der Tradition der Kräuterbücher und der Hausväter-Literatur in gewissem Sinne eine frühe Flora der Schweiz. Er beschreibt darin ebenfalls das Vorkommen einiger Moose, die er z.T. mit Abbildungen aus älteren Werken illustriert.

Vater der Schweizer Bryologie – 1742
Albrecht von Haller (1708-1777) der Berner Arzt, Dichter, Magistrat und Naturforscher schuf 1742 die erste rein wissenschaftliche Flora der Schweiz. Sie enthält neben Blütenpflanzen auch Algen, Pilze, Flechten und Moose. Keine spätere Flora umfasst alle diese Organismengruppen zusammen. Einzig Ducommuns Taschenbuch für den schweizerischen Botaniker von 1869 erwähnt neben den Blütenpflanzen auch eine Auswahl der wichtigsten Moose. Haller beschreibt in seiner Flora (zweite Auflage 1768) 133 verschiedene Moosarten mit grosser Präzision, eine für die Zeit herausragende Anzahl, die er zum Teil mit Kupferstichen detailliert illustrierte. Neben Neubeschreibungen verweist er bei den Moosen vorwiegend auf die Erkenntnisse von Dillen und Micheli, aber auch auf den Franzosen Sébastien Vaillant (1669-1722), den Schotten Robert Morison (1620-1683), den Briten John Ray (1627-1705) und auf Linné. Haller macht als Erster systematisch zu jeder Art Angaben zu Ökologie und Verbreitung mit Fundortsangaben. Jules Amann schreibt 1918 in der Einleitung seiner Flore des Mousses de la Suisse: „Haller kann in gewissem Sinne als Vater der Schweizer Bryologie bezeichnet werden.“
Literatur
Autor: L. Lienhard 3.2012