Geschichte der Bryologie

Vor 1800 – Anfänge

Theophrastus
Links:Theophrastos von Eresos (371-287 v. Chr.),  Quelle: Wikipedia
Rechts: Andrea Cesalpino (1519-1603),  Quelle: Wikipedia

Erste Unterscheidung  –  Antike bis Renaissance

Erste systematische Ansätze für eine Gliederung der Pflanzen, in der auch Moose als eigene Gruppe unterschieden werden, sind vom griechischen Philosophen und Naturforscher Theophrastos von Eresos (um 371 v. Chr.–287 v. Chr.) bekannt. Er war ein Schüler von Aristoteles.

Nach der Antike erlangte Botanik als Forschungszweig erst in der Renaissance wieder Bedeutung. Andrea Cesalpino (Caesalpinus 1519-1603) Mediziner, Philosoph und Botaniker in Pisa und Rom baute im 16. Jahrhundert das System von Theophrastos aus und schuf in seinem De Plantis libri (1583) erstmals eine einheitliche Systematik der Pflanzen, die auf Strukturmerkmalen basierte. „Bäume“, „Staudengewächse und Kräuter“ und „Samenlose“ - zu denen er auch die Moose zählte - waren die drei Hauptkategorien.

 

Bock
Links: Hieronymus Bock (1498-1554), Quelle: Wikipedia.  
Rechts: Abbildungen eines Frauenhaarmoos (Polytrichum) aus seinem
Kräuterbuch (1552), Quelle: Botanicus

 Moose in der Heilkräuterkunde  –  16. Jh.

Botanik blieb bis ins 18. Jh. nur Hilfswissenschaft der Medizin, das Interesse an Pflanzen war neben dem Aspekt von land- und forstwirtschaftlicher Nutzung besonders durch ihre Verwendung als Heilmittel begründet. Auch einige Moose galten als heilwirksam und wurden in den Kräuterbüchern – zuerst Handschriften, später Drucke – vom Mittelalter bis ins 17. Jahrhundert z.T. mit Abbildungen erwähnt. Diese Kräuterbücher basierten lange noch auf den Erkenntnissen der Antike. Erst die „Väter der Kräuterkunde“ Otto Brunfels (1489-1534), Leonhart Fuchs (1501-1566) und Hieronymus Bock (1498- 1554) lieferten mit ihren Werken naturgetreue Beschreibungen und Abbildungen der Pflanzen.

 

Bauhin
Links: Caspar Bauhin (1560-1624), Quelle: NNDB 
Rechts: Titelblatt des Pinax Theatri Botanici, Quelle: Botanicus

Gesamtverzeichnis der Pflanzen mit einigen Moosen  –  17. Jh

Mit Caspar Bauhin (1560-1624), Dozent für Anatomie und Botanik an der Universität Basel und Basler Stadtarzt, begann nach der Kräuterkunde eine neue Epoche der Botanik. Bauhin erneuerte die Namensgebung und beschrieb alle ihm bekannten Pflanzen mit einer vereinheitlichten Diagnose und allen Synonymen. In seinem Pinax Theatri botanici (1623) erwähnt er etwa 6'000 Arten, darunter auch einige wenige Moose. Unter den 2'500 noch heute in Basel vorhandenen Belegen von Bauhin sind aber keine Moose zu finden.

Johannes Bauhin (1541-1612) ebenfalls Arzt und Naturforscher und Bruder von Caspar war auf dem Gebiet der Botanik weniger bedeutend als dieser, machte sich jedoch durch eine umfangreiche botanische Enzyklopädie (1650/51) des gesamten botanischen Wissens seiner Zeit einen Namen.

 

Linne
Links: Porträt von Carl Linné (1707-1778) in Lappentracht,
Quelle: Northern Lights.
Rechts: Linnés Sexualsystems mit 24 Klassen, Quelle: Wikipedia

Wissenschaftliche Erforschung  –  18. Jh.

Carl von Linné (1707-1778), der schwedische Arzt und Naturforscher brachte der Botanik im 18. Jh. international einen Aufschwung. Er perfektionierte die Ideen der Vorgänger eines künstlichen Systems der Pflanzeneinteilung. Sein sogenanntes Sexualsystem mit 24 Klassen erwies sich als praktisches Arbeitsinstrument. Klasse 24 waren die Kryptogamen, die „versteckt Heiratenden“ die auch die Moose umfassen. Mit seinen Species Plantarum (1753) versuchte er die gesamte Pflanzenwelt zu erfassen und etablierte die noch heute gebräuchliche, zweiteilige wissenschaftliche Namensgebung. Dieses Werk ist Ausgangspunkt, nicht nur für die Nomenklatur der Blütenpflanzen, sondern auch für diejenige der Leber- und Torfmoose. Bei den Moosen konnte Linné u.a. auf die Vorarbeiten des Italieners Pier Antonio Micheli (1679-1737), und von Johann Jacob Dillen (Dillenius 1648-1747) zurückgreifen. Dillen, Botaniker in Giessen und später in Oxford, verfasste mit seiner Historia Muscorum (1741) das erste nur den Moosen gewidmete Werk überhaupt.

 

Hedwig
Links: Johannes Hedwig (1730-1799), Quelle: Wikipedia.
Rechts: Fortpflanzungsorgane der Moose aus Hedwigs Publikation
(1787-97), Quelle: Botanicus.

Neue Grundlage für ein System der Moose  –  1801

Johannes Hedwig (1730-1799) Arzt und Botaniker in Leipzig hat die Moosforschung einen grossen Schritt weiter gebracht. Er setzte vermehrt das Mikroskop ein und konnte auch bei Moosen Fortpflanzungsorgane nachweisen, die er auch sehr detailliert zeichnete. Die Systematik der Moose wurde von ihm grundlegend erneuert. Bei seiner Einteilung legte er besonderen Wert auf die Ausbildung des Zahnkranz der Laubmoose, ein aktuell noch für die Klassifizierung wichtiges Merkmal. Seine erst postum 1801 erschienenen Species Muscorum dienen noch heute als Basis der wissenschaftlichen Benennung der Laubmoose. Hedwig hat zwar nicht selbst in der Schweiz gesammelt, aber zahlreiche Arten anhand von Material aus der Schweiz, z.B. von Albrecht von Haller, beschrieben. Hedwigs umfangreiche Moos-Sammlung wird im Herbarium Genf aufbewahrt.

 

Literatur

Bock H. 1552. De stirpium, maxime earum, quae in Germania nostra nascuntur. — Strassburg.
Bauhin C. 1623. Pinax Theatri botanici. — Basel.
Bauhin J. 1650/51. Historia plantarum universalis. – Yverdon.
Cesalpino A. 1583. De plantis libri XVI. – Florenz.
Dillen J.J. 1741. Historia Muscorum: a general history of land and water, etc. mosses and corals, containing all the known species. — London.
Hedwig J. 1782. Fundamentum historiae naturalis muscorum frondosorum. — Leipzig.
Hedwig J. 1787-97. Descriptio et adumbratio microscopico-analytica muscorum frondosorum nec non aliorum vegetantium e classe cryptogamica Linnaei novorum dubiisque vexatorum. — Leipzig.
Hedwig J. 1801. Species muscorum frondosorum descriptae et tabulis coloratis illustratae. — Leipzig.
Linné C. 1753. Species Plantarum, exhibentes plantas rite cognitas, ad genera relatas, cum differentiis specificis, nominibus trivialibus, synonymis selectis, locis natalibus, secundum systema sexuale digestas. – Stockholm.

 

Autor: L. Lienhard 3.2012